Fleißige Handwerker
Main-Echo Pressespiegel

Fleißige Handwerker

Kahlgründig: Alexander Bruchlos über das Bauen
Schöllkrippen  Wer will flei­ßi­ge Hand­wer­ker se­hen? So be­ginnt ein be­lieb­tes Kin­der­lied. Ent­stan­den ist es vor lan­ger Zeit, als der un­se­re heu­ti­gen All­tags­ge­spräche do­mi­nie­ren­de Be­griff Fach­kräf­te­man­gel noch nicht er­fun­den war.

Wie alle guten Volkslieder, die aus dem kollektiv Unbewussten schöpfen, ist der Handwerker-Song eine Komposition voller Weisheit: Denn wie der nestbauende Vogel, die netzeknüpfende Spinne oder der Biber vermag auch der Mensch im Bausektor Beachtliches zu leisten.

Das beginnt in der frühen Kindheit mit den ersten Sandburgen und setzt sich in der Jugend mit dem Zusammenzimmern von Baumhäusern fort. Lässt man ihn in seiner Kreativität gewähren, gelingt dem Homo sapiens im Erwachsenenalter geradezu Unglaubliches: die Pyramiden von Gizeh, die Chinesische Mauer, der Kölner Dom, die Hamburger Elphi, die Alzenauer Burg oder das Michelbacher Schlösschen sind nur die Spitze des Eisbergs.

Zugegeben, es gab und gibt Rückschläge wie den Turm zu Babel oder das Regenrückhaltebecken am Aschaffenburger Mainufer. Aber von diesen Flops lässt sich unsere Spezies nicht entmutigen. Im Gegenteil, wie einige kreativen junge Leute jetzt jetzt bei Schöllkrippen bewiesen. Wie vor wenigen Tagen in unserer Zeitung zu lesen war, haben sich die sportbegeisterten Jugendlichen unterhalb des Bauhofs mit Spaten und Hacke eine Strecke für ihre Mountainbike-Fahrten angelegt. Sogar mit Sprungschanze, wie unser Redakteur betonte.

Leider sahen sich Bürgermeister und Marktgemeinderat gezwungen, die kreativen Mountainbiker auszubremsen, die sich weder um Bauvoranfragen, noch um Genehmigungsverfahren und Planungsvorgaben scherten. Noch schwerer wog, dass sich das Projekt in einem geschützten Biotop befand. Die Arbeitswerkzeuge wurden jedenfalls erst einmal konfisziert. Nun sucht man nach neuen Orten und Konzepten, wie man die jugendliche Kreativität in geordnete Bahnen lenken könnte. Die Zeit drängt. Nichts droht  schneller zu verpuffen als  jugendlicher Elan. Dringend sollte man den Tatendrang bis zur Lösung der Trail-Frage dazu nutzen, das handwerkliche Geschick der fleißigen jungen Handwerker sinnvoll einzusetzen. Kräftige Hände werden in der Region schließlich allerorts und händeringend gesucht: für den Bau von Kitas und Feuerwehrhäusern, bei der Glasfaserverlegung und im Straßenbau. Dort könnten sich die jungen Baumeister den einen oder anderen Euro dazuverdienen. Bei entsprechenden Preisverhandlungen wäre das Ganze eine Win-win-Situation für beide Seiten: für den Gemeindesäckel und die Ferienkasse der Jugendlichen. Möglicherweise könnten die sich mit den Einnahmen ein neues Bike oder gar eine Profirampe finanzieren.

Alexander Bruchlos
09.08.2024
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